Sinari-Town

Es gab Dinge, die man besser nicht wusste und auch solche, die man – selbst wenn man sie wusste – lieber ignorieren sollte. Das jedoch war ausgeschlossen, für den engagierten und geradezu davon besessenen, jemandem zu gefallen, jungen Mann, der am Ortsausgang herum stand. Er war gehüllt in dunkle Roben und trug eine Tätowierung auf der Brust, die man jedoch wegen des vielen Stoffs nicht sehen konnte. Er betrachtete die beiden Riesen, die auf den Ortsausgang zu schlenderten und drückte sich in die Schatten. Er war ein Schatten der Gilde. Sein Zweck war es Geschehnisse einzufangen und dann Bericht zu erstatten. Bald würde dieses lästige Gehetze aufhören und er würde selbst in der Stube sitzen und Brüder ausschicken. Jetzt jedoch blieb er wo er war und verschmolz beinahe mit seiner Umgebung. Er würde so schnell niemandem auffallen.

Ein exzentrischer alter Mann stand unschlüssig vor dem Tor zur Stadt und führte aufgeregt Selbstgespräche, die jedoch in seinem langen Bart hängen blieben und nur Genuschel zu hören war. Er humpelte von links nach rechts und wieder zurück, blickte sich panisch um und drohte einem Unsichtbaren. Offenbar war er verwirrt oder gar verrückt. Aber er wirkte auch irgendwie verängstigt und doch wild entschlossen. Ein komischer alter Mann war das.
„Da!“, er zeigte auf Belphegor und hob eine Hand vor Entsetzen an den Mund. „Alles wahr! Alles wahr!!“, rief er aus und schien mit einem Mal noch aufgebrachter. Er fing wieder an mit sich selbst zu sprechen und lief schneller hin und her als zu vor. Ab und an blieb er stehen und sah zu dem Ork und seinen Begleitern.

Belphegor holte auf und lief neben seinem Weggefährten und ihrem Schützling. Jetzt hatten sie wieder ein Ziel, doch bevor er sich in irgendeiner Weise drüber auslassen konnte lenkte ein scheinbar verwirrter Mann die Aufmerksamkeit auf sich.
Ein wenig irritiert ließ er den Blick umher schweifen, vielleicht meinte der Mensch jemand anderen hinter ihm. Hinter ihm war jedoch kein weiterer mehr in Hörweite.
Direkt vor dem Mensch blieb er stehen, um zwei Köpfe überragte er den Menschen. „Alter Mensch... Was ist wahr?“, fragte er wieder einmal direkt heraus.

Die schwarze Rüstung hatte nicht wirklich viel Interesse daran noch länger an diesem Ort zu verweilen. Sie hatten einen Anhaltspunkt, welcher sie bestimmt schnell weiterbringen würde. Doch wenn sie noch länger ihre Zeit verschwenden würden, gäbe es keinen Grund noch weiter hinterher zu laufen, denn dann würde es zu spät sein. Der Ork wurde angesprochen, welcher dann auch gleich darauf einging. Wie ein schweres Gefährt bemühte sie Kortherreth zum Stehen zu kommen. Kurz drehte er sich um. Hier und da standen Leute, die sie verwundert und wohl auch mit Entsetzen anschauten. Unmerklich schüttelte er den Kopf, hörte dann aber Ally lachend rufen. Deine Feder tanzt so lustig, wenn du dich bewegst.“ Kortherreth nickte bestätigend, als er zu ihr hinunterschaute. „Belphegor, klärt das bitte schnell.“ Er selbst hatte den Mann nicht lange angeschaut, nur ein flüchtiger Blick war es den er ihm schenkte, schaute nun aber das zweite mal genauer hin.

„Der Mann im Wald! Ha!“ Der alte schien wahnsinnig geworden. Er schaute die beiden an und auch das Kind wurde gemustert. Dann blickte er wieder verwirrt um sich und schlug nicht vorhandene Insekten von sich. Alles deutete darauf hin, dass dieser Alte ein Problem hatte.
„Du! Du bist Belphegor! Ha!! Und du bist den die schwarze Rüstung!“ Er kicherte übergeschnappt und lachte dann, wie ein Wahnsinniger in den Himmel. Er ließ sich auf seine Knie fallen und blickte mit einem Mal vollkommen ernst auf. Seine Zurückgekrempelten Ärmel zeigten die blasse und wachsartige Haut des Mannes, die von violetten Linien überzogen waren. Die Linien verliefen da, wo man die Adern unter der Haut vermuten konnte.
„Ha! Der den ihr sucht, er ist durch den Wald gegangen und er hat vor das Grenzgebirge zu überqueren. Ihr müsst nur gerade aus nach Osten. Immer der Nase nach. Haha!“
Die Augen des alten waren glasig und plötzlich durchfuhr ihn ein Schock. Gleich darauf sackte er in sich zusammen und blieb reglos sitzen. Er schien tot zu sein.

Belphegor wäre nichts lieber gewesen als diesen alten Mann los zu werden, somit schüttelte er nur den Kopf über Korrtherreth Bemerkung. Die nächsten Sätze des Verwirrten verwirrten den Ork selbst noch mehr und plötzlich lag der Mann auf dem Boden.
Vorsichtig bückte er sich zu dem Mann hinunter und schaute ihn sich an. Eine schallende Backpfeife ließ die Knochen des Mannes knirschen. „Scheint Tod zu sein.“, nach einem Blick in die da neben stehende Menge stand er auf und blickte zur Rüstung. „Können wir glauben was der Mann sagte?“, mit diesen Worten bahnte er sich einen Weg durch die Menge auf das Stadttor zu.

Kortherreth brauchte einen Moment ehe ihm klar war, das der alte wohl gerade gestorben war. Ob es an der Art lag, wie er seine Worte gesprochen hatte, beziehungsweise daran was er sagte? Es hatte etwas verschwörerisches, hörte sich sogar fast wie eine falle an. Doch wer sollte ihnen eine solche stellen wollen? Scheinbar unbewusst hatte er der kleinen die Augen zuhalten wollen. Die Worte des Mannes stimmten ihn dennoch nachdenklich. Zum einen woher sollte dieser Alte wissen wer sie sind, geschweige den wissen wen sie suchten? Zudem sah seine Haut nun wirklich nicht gut aus, denn auch wenn er selbst, Kortherreth, kein Mensch war, so war er sich sicher, dass das Ableben des Mannes etwas mit den Verfärbungen auf dem Arm zu tun haben musste. „Richtung Osten also... . Belphegor, ich habe keine Ahnung, ob das was er sagt stimmt, aber haben wir eine andere Wahl?“ Von irgendwo her schnappte die Rüstung den Wortlaut: 'Wald der Seelen' auf. Zudem schien die schreckhafte Art dahinter nichts gutes zu bedeuten. „Gehen wir zu diesem Wald, wer weiß wer da auf uns wartet, und sollte es eine falle sein, sollten wir zumindest dieser Gruppe, welcher Kanzel angehörte Schaden zufügen können.“
So Zogen beide los in die Richtung welche ihnen gewiesen wurden, ganz gleich welche gefahren auf sie warten sollten.

Die beiden Großen, die ihren Weg durch die Steppen nahmen, wurden schon sehnsüchtig erwartet. Der Herr des Waldes liebte Überraschungen, aber diese Beiden konnten gleich das Schicksal von Welten verändern. So viele interessante Besucher in letzter Zeit. Und alle trugen Bestimmungen in sich, die Chaos und Ordnung beschrieben. Wundervoll…
Der Wald der Seelen kam in Sichtweite und beide Wesen konnten sehen, was von dem Wald ausging. Beide? Nein Drei. Die kleine Ally war ja auch dabei. Sie reiste vorzugsweise auf einer der breiten Schultern von Kortherreth, aber jetzt schlief sie in seinen Armen, denn es war schon dunkel. Der Wald schien zu leuchten und plötzlich flüsterte der Wind in die Herzen der Reisenden. Er trieb böse Spiele mit ihnen und stürzte sie in ihre innigsten Wünsche.
„Komm, komm… Du sollst nicht länger Klanlos sein, Belphegor. Wir sind doch hier. Finde uns! Wir warten auf dich. Komm zu uns. Komm in den Wald…“, die Stimme schien über jeden Zweifel erhaben und schien die reinste aller Wahrheiten zu verkünden. Sie lockte und war süßer als die reifste aller Götterfrüchte und konnte weder einem Mann noch einer Frau zugeordnet werden. „Kortherreth ohne Körper. Du findest wonach du dich sehnst, wenn du nur zu uns kommst. Wir werden dich führen und leiten. Komm… Komm in den Wald!“

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